
Wenn ich auf meine letzten Jahre zurückblicke – genauer gesagt: auf die Zeit rund um meinen 50. Geburtstag –, dann denke ich mir oft: Warum hat mir das niemand erzählt? Warum gab es keine Frau, die sich mit mir hingesetzt hätte und offen gesprochen hätte – über das, was da kommt. Über das, was sich verändert. Über das, was möglich ist.
Rückblickend weiß ich auch: Das war der Beginn eines tiefgreifenden Wandels. Und zwar auf allen Ebenen – körperlich, emotional, seelisch. Und genau da setzt das Yin-Prinzip an.
Denn das Yin lädt uns ein, nicht nur zu funktionieren, sondern wahrzunehmen. Zu spüren. Raum zu geben. Auch für das, was sich verändern möchte. Und genau das passiert in diesen Jahren.
Viele Frauen meiner Generation sind geprägt von Anpassung, von Funktionieren, von einem Leben im Außen. Doch ab 50 verändert sich etwas. Wir stehen an einem Schwellenmoment. Es ist nicht das Ende, es ist ein zweiter Anfang. Die Chinesen nennen es den „zweiten Frühling“. Und genau so fühlt es sich an – wenn wir bereit sind, die Veränderung zuzulassen.
Da ist so viel, was ich heute weiß. Und was ich gerne früher gewusst hätte.
Erinnerst du dich noch an deine 40er Jahre? Ich war Mitte 40, als mein Körper anfing zu zicken. Ein Zwicken da, ein Unwohlsein dort. Ich kam mir teils wie ein Hypochonder vor, teils völlig überfordert mit meinem Körper, weil an allen Ecken und Enden irgendeine Baustelle war.
Diese Baustellen haben mich nicht nur Energie, sondern auch richtig Geld gekostet: Ärzte, Therapeuten, Behandlungen, Alternativmedikamnte usw.. Heute, rückblickend betrachtet, weiß ich: Es war die Perimenopause.
Was mir niemand über die Wechseljahre erzählt hat
An keiner Stelle hatte mir ein Arzt, eine Therapeutin oder sonst jemand gesagt, dass es Wechseljahresthemen oder Perimenopause sein könnten. Vielmehr hörte ich: "Vom Wechsel sind Sie noch ganz weit weg." Die Wahrheit ist: Wechseljahre heißen so, weil sie tatsächlich JAHRE dauern. Das ständige Neuordnen des Körpers ist kein kurzer Moment, sondern ein Prozess, der sich über Jahre erstreckt.
Ich hatte in dieser Zeit:
- Fünf Bandscheibenvorfälle
- Das Impingement-Syndrom in beiden Schultern (die sogenannte "Kalkschulter")
- Sehnenrisse
- Rückenschmerzen
- Schlaflosigkeit
- Herzrhythmusstörungen
Von den 100 möglichen Nebenwirkungen der Wechseljahre hatte ich gefühlt 99. Ich sage immer scherzhaft: "Bis auf Scheidentrockenheit kenne ich fast alles."
Die Perimenopause: Eine Zeit der Veränderung
Was ich heute weiß: In der Perimenopause verändert sich unser Körper grundlegend. Hormone bauen sich um, Gelenke, Bänder und Muskulatur reagieren anders. Keiner hat mir in meinen mittleren 40ern gesagt: "Pass auf, da wird es mit Sehnen, Gelenken und Bändern anders. Es wäre gut, wenn du prophylaktisch dieses oder jenes machst."
Ab 50 sind wir wie nie zuvor gefordert, Selbstverantwortung für unsere Gesundheit zu übernehmen. Es ist definitiv ein Akt der Selbstliebe. Die Evolution hat unseren Körper ab diesem Alter mit einem anderen Regenerationsprogramm ausgestattet. Das bedeutet aber nicht, dass wir Sätze akzeptieren müssen wie "Das gehört zum Alter dazu" oder "Das ist altersbedingt" im Sinne von "Da kann man nichts machen."
Was wir tun können: Körper in Balance bringen
Zu wenige sprechen darüber, dass wir unsere Ernährung umstellen sollten. Der Stoffwechsel wird langsamer. Man hört oft: "Im Wechsel nimmt man jedes Jahr ein Kilo zu." Nein, das stimmt nicht! Der Punkt ist, dass wir anders im Stoffwechsel reagieren.
Unser Körper braucht:
- Eine entzündungshemmende Ernährung
- Weniger Zucker
- Ausreichend Protein – der Grundbaustein unseres Körpers, den wir für alles brauchen: fürs Gehirn, für die Muskeln, für das Herz-Kreislauf-System
Auch unser Herz-Kreislauf-System lässt natürlich nach. Es ist wichtig, dass wir gezielt trainieren:
- Krafttraining
- Gleichgewichtstraining
- Herz-Kreislauf-Training
Ein Training allein reicht nicht aus. Scherzhaft sage ich manchmal: "Ich weiß schon, warum die Leute in Pension gehen – weil es sich zeitlich nicht mehr ausgeht, sich um alles zu kümmern." Oder: "Eigentlich müsste man ab den Wechseljahren wieder Teilzeit arbeiten, weil man so viel mit dem Körper zu tun hat."
Die Sandwich-Position und der zweite Frühling
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wir in diesen Jahren zu einer neuen Qualität des FrauSeins finden können – wenn wir uns erlauben, hinzusehen. Wenn wir nicht nur den körperlichen Veränderungen begegnen, sondern auch unseren inneren Fragen.
- Was will ich wirklich leben?
- Was trage ich in mir, das noch in die Welt möchte?
- Wo halte ich mich klein – obwohl ich längst groß träumen dürfte?
In unseren 50ern verändert sich oft auch unsere Lebenssituation. Die Kinder sind vielleicht schon aus dem Haus, unsere Identität ist nicht mehr so stark an die Mutterrolle geknüpft. Manche Frauen erleben das "Empty-Nest-Syndrom" – ich nie, ich habe mich immer gefreut, dass meine Kinder ausgezogen sind.
In der Traditionellen Chinesischen Medizin spricht man vom "zweiten Frühling". Es ist eine Zeit, in der noch einmal etwas Neues entsteht, eine Zeit der Ernte. Wir können uns fragen:
- Welche Träume habe ich zurückgelassen?
- Welche Anteile von mir lebe ich noch nicht?
Diese inneren Dialoge sollten wir nicht erst beginnen, wenn wir in Rente gehen, sondern definitiv schon früher.
- Was können wir noch in die Welt bringen?
- Welchen Schatz tragen wir in uns, den wir weitergeben dürfen?
Diese Fragen sind zutiefst weiblich. Sie fordern keine schnelle Antwort, sondern ein Innehalten. Ein Lauschen. Ein JA zu einem Weg, der nicht im Kopf beginnt, sondern im Körper verankert ist. Genau das ist für mich gelebte Weiblichkeit. Und genau das ist das Yin-Prinzip.
Ich erlebe in meinen Coachings und Seminaren viele Frauen, die sich nach Orientierung sehnen. Die spüren: So wie bisher geht es nicht weiter – aber sie wissen noch nicht, wie es anders gehen kann. Und die Wahrheit ist: Es gibt keinen klaren Fahrplan. Aber es gibt Weisheit. Die Weisheit des Körpers. Die Weisheit der Rhythmen. Und die Weisheit der eigenen Geschichte.
Die bedeutenden Jahre: 54, 55, 56
Ab 50 betreten wir eine neue Lebensphase. Eine, in der wir nicht mehr gebraucht werden im klassischen Sinn – aber dringend gebraucht werden im größeren Ganzen. Als Vorbilder. Als Stimmen. Als Verkörperung von Kraft, Reife, Erfahrung.
Viele von uns hatten keine echten Rollenvorbilder für diese Jahre. Kein echtes Gespräch, kein ehrliches Teilen. Deshalb ist es jetzt an uns, dieses Feld neu zu gestalten. Nicht nur für uns selbst, sondern für unsere Töchter, für die Generation nach uns. Weiblichkeit leben heißt auch: Verantwortung übernehmen für die weibliche Kultur der Zukunft.
In den 50er Jahren kommen einige wichtige Zyklen zusammen:
- Die 3×18 (ca. 54) – der Rhythmus des Mondknotens, der zum dritten Mal an den Platz zurückkehrt, wo er bei der Geburt stand
- Die 5×11 (55) – eine Meisterzahl
- Die 8×7 (56) – die 7er Jahreszyklen, die sehr bedeutend sind
Diese Jahre laden uns ein, etwas zu machen, irgendwohin zu wachsen, etwas zu gestalten, neu werden zu lassen. Wenn wir diese Energie nicht nutzen, verschwindet sie nicht – sie bekommt einen zerstörerischen Effekt und macht sich unangenehm bemerkbar durch Frust, Unzufriedenheit oder eine gewisse Abspaltung von Lebensfreude und Lebenslust.
Ab 50: Eine wunderbare Zeit für Selbstständigkeit
Ich finde, ab 50 ist eine wunderbare Zeit für Selbstständigkeit. Wir haben vielleicht nicht mehr die große Verantwortung wie in jungen Jahren, aber wir können diese Freiheit in Anspruch nehmen, um uns das Leben so zu gestalten, wie wir es haben möchten.
Ich hätte mir mehr Frauen gewünscht, die mich inspiriert, motiviert, unterstützt und empowert hätten, dahingehend, dass ich – allerspätestens mit 50, lieber noch viel früher – groß geträumt hätte, mich für Großes geöffnet hätte.
Aufruf an alle Frauen
An dich, liebe Frau, wo immer du gerade stehst in deinen 40er Jahren:
- Was willst du eigentlich wirklich leben?
- Was willst du in deinem Leben umsetzen?
- Hab Mut für Großes!
Halte dich in keiner Weise zurück. Sei wachsam gegenüber deinen Gedanken, wo du dich klein hältst, wo du dich zurückhältst, wo du dich zu sehr anpasst. Sieh, welchen Gewinn du für die Welt sein kannst, wenn du dein ganzes Potenzial zur Verfügung stellst.
Altern mit Würde und Schönheit
Die ästhetische Medizin bietet uns viel an, und ich möchte niemanden verurteilen, der Eingriffe an sich vornehmen lässt. Jede soll das handhaben, wie sie möchte. Und trotzdem finde ich, dürfen und sollen wir kultivieren, dass Alter Schönheit bedeutet.
Jeder Sonnenfleck auf meiner Haut erzählt von wunderbaren Sonnenstunden. Natürlich zeigt mein Gesicht Spuren von Falten aus meiner Mimik, aus dem vielen Lachen, dem Weinen oder dem Wütendsein. All das darf gefeiert werden! Dieser liebevolle Blick für die Geschenke der vielen Jahre, die wir mit uns tragen, ist etwas Wunderbares.
Eine neue Kultur des Frauenmiteinanders
Ich wünsche mir eine andere Kultur des Frauenmiteinanders – inspirierend und empowernd. Eine Kultur, in der wir nicht die üblichen Sätze sprechen, die üblichen Klischeebilder bedienen und die üblichen Witze reißen, wenn wir einander begegnen als Bekannte, entfernte Verwandte oder Schulkolleginnen.
Frauen-Empowerment wird in einer ganz anderen Weise mein Auftrag sein, der sich aus diesen bedeutenden Jahren 54, 55, 56 herauskristallisiert hat. Ich mache das jetzt – ich verschiebe es nicht auf später oder auf andere. Denn wenn der Impuls dafür da ist, dann will er auch gelebt werden.
Deshalb: Wenn du gerade an diesem Punkt stehst – rund um die 50 – und spürst, dass es an der Zeit ist, neu auf dich zu hören, dann nimm dir den Raum dafür. Sei zärtlich mit dir. Und erinnere dich: Du bist nicht allein. Es gibt viele von uns. Frauen, die sich aufgemacht haben. Frauen, die das alte Bild vom Altern hinter sich lassen und ein neues Bild des FrauSeins erschaffen – voller Tiefe, Würde und Kraft.
Genau das ist das Herz des Yin-Prinzips.
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Fotocredit: joerghaeken; canva

Daniela Hutter
schreibt, bloggt und hält Seminare zum Thema bewusste Lebensführung. Es ist ihre Passion, alte Tradition mit zeitgemässer Spiritualität zu verbinden. Mit Menschen zu sein bereitet ihr Freude und deshalb bietet sie auch persönliche Coachings an.
Als Autorin schreibt Daniela Hutter für verschiedene Zeitschriften. Aktuell arbeitet sie an ihrem nächsten Buch. Bereits erschienen sind die Bücher „Lass deine Träume wahr werden“ (2013) und „Den Tag mit Engeln beginnen“ (2008), „Mach dein Leben hell“ (2015), "Das Yin-Prinzip" (August 2016) sowie das Kartenset „Energien der neuen Zeit“ (2013) und "Karten der Weiblichkeit" (2017).
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Impulsgeberin für moderne Frauen
Daniela Hutter weiß was Frauen beschäftigt und kennt die zahlreichen Herausforderungen und Hürden, die das Leben lehrt und der Alltag bietet. Fernab von Dogmen und klassischem Feminismus ermutigt sie in ihrer Arbeit vor allem Frauen in Kontakt mit ihrem wahren FrauSein zu kommen und mutig den eigenen Weg zu gehen. Sie weist den Weg in das Innere und erinnert zugleich daran, mit beiden Beinen auf der Erde zu stehen.
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