Muß man alle Menschen lieben?

Liebe Frau Hutter, eine Frage beschäftigt mich sehr und ich suche nach einer Antwort: „Muss ich jeden Menschen mögen? Darf ich mich von einem Menschen zurückziehen, wenn ich mich unwohl fühle in dessen Gegenwart?“

 

So steht es in einer Mail, die ich eben in meinem Postfach geöffnet habe. Spontan tippen meine Finger die Antwort: „Nein, man muss nicht alle Menschen mögen, natürlich nicht. Übrigens, ich mag auch nicht alle Menschen ... Während ich das so schreibe, fallen mir etliche Menschen ein, die ich, kaum, dass ich an sie denke, „nicht mag“. Und für jeden Einzelnen habe ich einen guten Grund dafür. Dort wurde ich belogen und hintergangen, da wurde ich beleidigt und verletzt, und dann gibt es viele Menschen, die mir in ihrer Art und

Weise irgendwie nicht zusagen: zu oberflächlich, zu unehrlich, zu wenig spirituell, zu sehr in „alten Energien“

gefangen. Aber dann sind da plötzlich Zweifel. Zu schnell und zu glatt gehen mir die Gründe für meine Abneigung und Ablehnung durch den Kopf.  Kann das so in Ordnung sein?

Was läuft denn da gerade in mir ab?  Ist es tatsächlich so, dass ich all diese Menschen nicht mag? Menschen, die

in meinem Umfeld leben, denen ich irgendwo begegnet bin, manch einen  kenne ich gar nicht richtig. Betroffen

halte ich inne. Meine Finger ruhen auf der Tastatur. Ich folge den Gedanken, die sich da so impertinent gezeigt

haben. Bin das tatsächlich ich? Ist mein liebendes, spirituelles Gehabe nur Schein? Bin ich wertend, verurteilend,

oberflächlich? Ich erschrecke vor mir selbst. So habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt, schon lange

nicht mehr wahrgenommen. Ich will genauer hinschauen.

 

Ist es tatsächlich so? Mag ich diese Menschen nicht? Mag ich sie wirklich nicht? Hasse ich sie vielleicht? Mein Fühlen verläuft im Nichts. Ich versuche „hassen“ zu fühlen. Es gelingt mir nicht. So versuche ich „nicht mögen“

zu fühlen. Und irgendwie wird mir das auch nicht greifbar, zumindest in diesem Zusammenhang nicht fühlbar.

Ich kann nicht fühlen, dass ich diese Menschen wirklich nicht mag, oder gar hasse, wie ich vor wenigen Augenblicken noch meinte. Was ist es dann?

 

Was fühlte ich gerade eben, und was fühle ich jetzt? Gut, es kann sein, dass mich das Verhalten mancher Menschen stört. Aber darf ich sie wegen ihres „Fehlverhaltens“ gleich rundweg ablehnen, sie nicht mögen, sie ausschließen von meiner Zuneigung, ihnen mein Herz verweigern? Zu beschließen, jemanden nicht zu mögen, ist ein hartes Urteil. „Nicht mögen“ erzeugt Trennung. Und Trennung ist für liebende Wesen, die wir sind, ein unnatürlicher Zustand. Nein, ich bin nicht bereit, mein liebendes Bewusstsein aufzugeben, nur weil mir das Verhalten einiger Mitmenschen nicht gefällt.

 

Und ich spüre, wie in mir die Erkenntnis wächst: Die Menschen, von denen ich bis zu dieser Stunde geglaubt

habe, sie nicht zu mögen, sind eine Herausforderung für mich und meine seelische Entwicklung. Schließlich will

meine Seele alles erfahren über das menschliche Sein, über mein Sein und das Sein anderer. Und plötzlich frage

ich mich, ob es da wirklich so große Unterschiede gibt. Ich schau auf die von mir nicht gemochten Menschen

und blicke in einen Spiegel. Ich erblicke menschliche und allzu menschliche Züge. Ich erkenne sie an den anderen und ich erkenne sie gleichzeitig auch an mir. Ja, es gab und gibt so einiges, was ich auch an mir nicht mag. Oder zumindest meinen zu müssen, es nicht zu mögen. Aber soll ich deshalb aufhören, mich zu lieben?

 

Erneut visualisiere ich all die Menschen vor meinem inneren Auge und ich stelle mir selber die Frage: „Mag ich diese Menschen tatsächlich alle NICHT?“ Und es ist mein Ich, das antwortet, indem es tief ein- und ausatmet: „Nein. So ist es nicht. Diese Menschen zeigen dir, welchen Weg deine Seele und dein Bewusstsein noch vor sich haben. Und sie zeigen dir, wie du diesen Weg gehen sollst: Achtsam und liebevoll! Diese Menschen zeigen dir auch, wovon du dich lösen musst: von alten Mustern, von Denk- und Verhaltensweisen, die deinen Seelenweg versperren. Ich betrachte jeden einzelnen Menschen und frage mich: „Mag ich dich?“. „Selbstverständlich mag ich dich“, antwortet mein Herz. Ganz selbstverständlich. So fühlt es sich an.

 

Meine Finger finden zurück auf die Tastatur und ich antworte:

 

„Sie müssen nicht jeden Menschen mögen.

Aber ist es nicht wunderbar, dass Sie es können?“


Dieser Text erschien zunächst als Artikel im Engelmagazin 

 

(c) copyright, auch auszugsweise ausschließlich unter der vorgegebenen vollständigen Quellenangabe 

 

 

 

Fotocredit: shutterstock_391541998_Dean Drobot


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Daniela Hutter

schreibt, bloggt und hält Seminare zum Thema bewusste Lebensführung. Es ist ihre Passion, alte Tradition mit zeitgemässer Spiritualität zu verbinden. Mit Menschen zu sein bereitet ihr Freude und deshalb bietet sie auch persönliche Coachings an.

Als Autorin schreibt Daniela Hutter für verschiedene Zeitschriften. Aktuell arbeitet sie an ihrem nächsten Buch. Bereits erschienen sind die Bücher „Lass deine Träume wahr werden“ (2013) und „Den Tag mit Engeln beginnen“ (2008), sowie das Kartenset „Energien der neuen Zeit“ (2013), „Mach dein Leben hell“ (2015) und "Das Yin-Prinzip" (2016)

 

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Impulsgeberin für moderne Frauen

Daniela Hutter weiß was Frauen beschäftigt und kennt die zahlreichen Herausforderungen und Hürden, die das Leben lehrt und der Alltag bietet. Fernab von Dogmen und klassischem Feminismus ermutigt sie in ihrer Arbeit vor allem Frauen in Kontakt mit ihrem wahren FrauSein zu kommen und mutig den eigenen Weg zu gehen. Sie weist den Weg in das Innere und erinnert zugleich daran, mit beiden Beinen auf der Erde zu stehen 

 

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